Im Vordergrund des Seminars GT 1991 stand eine experimentelle Auseinandersetzung mit der additiven Technologie auf der Basis des natürlichen Materials Ton, sowie der dazugehören Software und Hardware. Das Anwendungsgebiet sowie die Designmission und Forschungsfragen standen den Studierenden dabei frei. Die Untersuchung der Fertigungsmöglichkeiten sollte dabei neue Potenzialfelder eröffnen zu denen man bisher keinen Zugang hatte. Aber auch die Limitierungen, Einschränkungen und Fehlversuche des Tondruckes mit denen man konfrontiert wurde, wurden festgehalten und Dokumentiert.

Grade aus diesen Fehlversuchen und Misserfolgen ließen sich interessante Erkenntnisse aber auch Gestaltungsmerkmale ableiten und definieren.

Da die Fertigung von vielen verschiedenen Parametern abhängt (Geometrie, G-Code, Tongemisch, Trocknung und Brennung) ist nicht jedes Objekt druckbar und replizierbar, die Limitierungen können dabei die Formsprache und Konstruktion von Objekten maßgeblich beeinflussen.

In den ersten Einheiten des Seminars lag der Fokus auf der experimentellen Erforschung der Möglichkeiten sowie Limitierungen der Technologie im Hinblick auf Geometrie und Materialverhalten. Durch Tests mit relativ niederkomplexen Geometrien konnten so erste Eindrücke über das Verhalten von Geometrie, Größen und Material gesammelt werden.

Um einen leichten Einstieg in die Materie zu gewährleisten, arbeitete ich zunächst mit einfachen Extrudierten Kurven, die durch Ihre Erstellung in Grasshopper dennoch eine Starke Visuelle Position kommunizieren.

Die Korallenartigen, im Spiralisierungsmodus gedruckten Objekte dienten dabei der Überprüfung von Toleranzen, den Verhältnissen der Kurvendichte zueinander und dem Trocknungsprozess. Auch wenn die Objekte nur aus einer Kurve bestehen, dauert der Trocknungsprozess eines solchen Objektes durch seine Masse und verworrenen Geometrie dreimal so lange wie bei anderen einwandigen Objekten.

Auch in den Folgeeinheiten lag der Fokus auf den Machbarkeiten und dem Zusammenspiel von Geometrie, digitaler Vorbereitung und der analogen Umsetzung.

Um das Feld zu erweitern, untersuchte ich anhand von einer in Rhino modellierten Vase verschiedene Einstellungen/Modi im Slicer im Bezug auf Schichtstärken, Bodenplatten und Druckgeschwindigkeiten sowie Flow (Materialausgabe).

Außerdem wurden die Objekte auf Genauigkeit, Toleranzen und Schrumpfungen untersucht. Diese Vasen oder vasenartigen Objekte trocken besonders gut, indem man Sie in Folie wickelt und gelegentlich lüftet. Bei der natürlichen Trocknung des Tons konnte ich nur eine minimale Schrumpfung von ca. 3-4 % feststellen.

Aus dieser Phase resultierte zudem die Erkenntnis, dass um eine von an und absetzten fehlerfreie Oberfläche zu generieren, schon im Vorfeld, also bei der Ideenfindung und Formgebung in bestimmten Modi gedacht werden muss.

Es resultierte aber auch die Frage nach den Grenzen und der Machbarkeit von Überhängen und deren Winkel in Bezug auf das Eigengewicht von Ton.

Um Fragen wie diese genauer zu betrachten wurden in der darauffolgenden Phase

eine Forschungs- und Design Mission sowie ein Anwendungsgebiet zur Überprüfung definiert.

Bei der Ideenfindung dafür eröffneten sich verschiedene Potenzialfelder. Architektonische Überlegungen in Bezug auf Fassaden und Module, Ideen die sich nur mit den Materialeigenschaften wie der Isolation von Ton auseinandersetzten und Objekte und Produkte aus dem Themenkomplex Pflanze. Zudem beschäftigte mich aber auch die Frage in wie fern man Alltagsgegenstände aus der Produktkategorie Wohnen und Leben in das Material Ton übersetzten kann.

Anhand eines Lampenschirms wurden so verschiedene Geometrien, Winkel, Größen und Einstellung überprüft. Angefangen mit sehr kleinen Geometrien die zudem einen geringen Überhang aufweisen über das Skalieren der selber Geometrie bis hin zu Änderung der Geometrie.

Der auf dem Foto zu sehende Lampenschirm, ließ sich in einer Größe von

150mm x 120mm ohne Probleme drucken. Wie hier zu sehen entwickeln sich bei dem Druckversuch in doppelter Größe aber verschiedene Probleme. Zu einem ist hier der Winkel des Überhanges für diese Geometrie zu stark ausgeprägt. Zudem hat der Ton ein zu hohes Eigengewicht um an dieser Stelle stand zu halten.

 

Die logische Konsequenz daraus war zum einen im nächsten Schritt den Winkel des Überhanges Steiler zu gestalten und die Oberflächenbeschaffenheit der Geometrie aus nicht nur Ästhetischen, sondern auch statischen Gründen bearbeiten.

Im Folgeversuch wurden der Winkel und die Oberflächenbeschaffenheit zwar berücksichtigt, aber auch bewusst an die Grenzen der Machbarkeit gebracht.

Bei diesem Objekt wurde die mir die Wichtigkeit der digitalen Vorbereitung wieder sehr klar.

Das hier verwendete „Crease Pattern“ in horizontaler Ausrichtung sorgt für Instabilität, da sich die Ebenen zu wenig überschneiden und zu wenig Haftung bekommen. Daraus resultierte, den Fokus auf eine Art der Flächenmanipulation zu legen die die vertikale Beschaffenheit des Objektes unterstützt.

Da die vertikale Manipulation der Geometrie bzw. der einzelnen Kurven sich als sehr komplex erwies, entwickelte ich Oberflächenstrukturen, die sich auf die horizontale des Objektes auswirkten. Mit dem Plug-In Grasshopper for Rhino, konnte ich so eine Geometrie generieren, die im unteren Bereich eine ausgeprägtere Flächenmanipulation aufwies als im mittleren und oberen Bereich. Das hatte den wesentlichen Vorteil, dass der höhere Materialeinsatz die Geometrie durch sein Gewicht und die Struktur stabilisiert. Die höhere Materialdichte im unteren Bereich kann bei der richtigen Konsistenz des Tongemisches sogar so viel Stabilität bringen, das auch Überhänge druckbar werden, die bei einer einfachen Wandung definitiv kollabiert wären.

Der erste Versuch mit dieser Oberfläche erwies sich als „Fehlerversuch“, bei dem aber eine andere, extrem spannende Oberfläche entstand. Da die Z-Richtung nicht richtig eingestellt war, setzte sich der Ton nicht Layer auf Layer, sondern floß ehr aus der Düse. Die dadurch entstandenen Schlaufen und Wülste bildeten eine interessante und anschauliche Oberfläche, die so, auch als Designmerkmal verstanden werden könnte.

 

Nach kurzen Justierarbeiten, konnte der darauffolgende Versuch erfolgreich durchgeführt werden. Interessant dabei ist, dass bei demselben Material und den gleichen Gegebenheiten lediglich 4 mm in der z-Achse ausreichen, um zwei völlig unterschiedliche Objekte zu generieren.

Um parametrische Muster wie dieses optimal drucken zu können, empfiehlt es sich zudem in der digitalen Vorbereitung, das Muster an sich auf eine druckbare Größe zu skalieren und die einzelnen Kurven, die später den Druckpfad ergeben, abzurunden.

Indem man die stark bearbeite Oberfläche zum oberen Teil langsam auslaufen lässt, erhält man zudem einen weiteren visuellen Effekt.

Um die vorangegangene These nochmals zu überprüfen, generierte auf der Basis dieses Prinzips weitere Oberflächen auf derselben Geometrie. Auch hier versuche ich, mehr Stabilität durch mehr Material und Struktur zu bekommen. Auch diese lamellenartige Struktur ließ sich ohne Probleme drucken.

Die Konsequenz der Beobachtung von solchen Geometrien ist, dass schon in der Entwurfsphase und der digitalen Vorbereitung verfahrensgerecht gedacht werden muss. Außerdem sollte man so früh wie möglich die verschiedenen Parameter wie Größe, Materialgewicht etc. mit in die Formgebung von solchen Objekten mit einfließen lassen.

 

Ein „Ergebnis“ im Sinne eines Objektes oder Produktes stand für mich in diesem Seminar nicht im Vordergrund. Der Fokus lag vielmehr auf der Auseinandersetzung mit der Software, Hardware, dem Material sowie dem experimentellen und wissenschaftlichem Erforschen durch Design auf dem Gebiet der Additiven Fertigung.

Die Forschungsfrage bzw. die Zielsetzung in Verbindung mit einer Design Mission die sich mit den Grenzen des Materials in Verbindung mit Geometrien beschäftigte führte zu neuen Erkenntnissen in fast allen Teilbereichen der generativen Fertigung mit dem Material Ton.

Die verschiedenen Parameter die für ein Fehlerfreies Endprodukt benötigt werden konnten erfolgreich analysiert und optimiert werden. Die Ergebnisse und Resultate können zudem bei zukünftigen Projekten in diesem Themenkomplex als Basis oder Vergleichswert dienen.

Die Bedeutung der additiven Fertigung umfasst im Wesentlichen die positiven Eigenschaften der Herstellungszeit, die Herstellungskosten, die Individualisierung und verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit. Das Verfahren bietet schon jetzt die Chance, Geometrien und Formen zu generieren, die händisch unmöglich herzustellen wären. Dem gegenüber stehen jedoch die lange Vorbereitung und Einrichtung des Druckers, die Fertigungszeiten und die (noch) nicht wirtschaftliche Fertigung von Objekten.

Trotz eines hohen Wissenserwerbs und Erkenntnisse in den verschiedenen Bereichen wurde man zudem oft mit den Limitierungen des Druckers oder dem Material an sich konfrontiert. Aber grade an diesen Punkten des Misserfolges und der Frustration entstehen kreative Problemlösungen.

Die Potenziale der Technologie werden sich in Zukunft aber weiterhin ausbauen und für Produktdesigner und alle 3D-Kompetenzfelder eine wichtige Rolle spielen.